Das klassische Bürogebäude steht unter Druck. Nicht erst seit Homeoffice und steigenden Leerständen, sondern vor allem durch einen grundlegenden Wertewandel bei Unternehmen und Beschäftigten. Büroimmobilien werden heute nicht mehr allein nach Quadratmetern, Stellplätzen und Energiekennwerten beurteilt, sondern nach ihrer Fähigkeit, Menschen anzuziehen, Zusammenarbeit zu ermöglichen und Identität zu stiften.

Was lange als „weiche Faktoren“ galt, entwickelt sich zunehmend zu einem harten Kriterium für Vermietbarkeit, Werthaltigkeit und Investitionssicherheit.

Mehr als Homeoffice: Ein struktureller Wandel

Die Diskussion um die Zukunft des Büros greift zu kurz, wenn sie sich allein auf mobiles Arbeiten reduziert. Zwar hat das Homeoffice die Nutzung von Büroflächen verändert, doch die eigentliche Herausforderung liegt tiefer: Unternehmen konkurrieren heute stärker denn je um Fachkräfte. Das Büro wird dabei zum physischen Ausdruck der Unternehmenskultur – und damit zum Wettbewerbsfaktor.

Standardisierte, rein funktionale Bürogebäude erfüllen diese Rolle immer seltener. Insbesondere jüngere Beschäftigte erwarten von ihrer Arbeitsumgebung dieselbe Qualität, die sie aus anderen Lebensbereichen kennen: Aufenthaltsqualität, Licht, Materialien, Flexibilität und ein spürbares Maß an Sinnhaftigkeit.

Architektur als Investitionsargument

Diese Entwicklung rückt Architektur und Design in eine neue Rolle. Gute Gestaltung ist kein Selbstzweck, sondern beeinflusst direkt die Attraktivität eines Standorts, die Bindung von Mietern und die langfristige Auslastung eines Gebäudes.

Darauf verwies auch Thore Hemmersbach vom Kopenhagener Architekturbüro PLH Architecture & Design bei einem Vortrag in München. Seine zentrale These: Die Zeit rein zweckmäßiger Büroarchitektur ist vorbei. Wer heute Büroimmobilien plant, muss Räume schaffen, die unterschiedliche Arbeitsstile, soziale Interaktion und Rückzug gleichermaßen ermöglichen.

Dänemark gilt dabei als eine Art Frühindikator. Die gesellschaftliche Kultur – geprägt von flachen Hierarchien, Gemeinschaftsorientierung und dem Anspruch an Lebensqualität – spiegelt sich seit Jahren in der Architektur wider. Arbeit wird dort nicht als Gegenpol zum Leben verstanden, sondern als Teil davon. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an das Arbeitsumfeld.

Hygge ist kein Designtrend

Das oft zitierte dänische Lebensgefühl „Hygge“ steht dabei weniger für Gemütlichkeit als für eine bewusste Gestaltung von Räumen, in denen Menschen sich wohlfühlen und leistungsfähig bleiben. Lichtführung, Materialwahl und Raumproportionen spielen dabei eine zentrale Rolle – nicht aus ästhetischen Gründen allein, sondern weil sie nachweislich Einfluss auf Konzentration, Motivation und Produktivität haben.

Für Büroimmobilien bedeutet das: Architektur wirkt nicht nur auf das Image, sondern auf die tatsächliche Nutzung. Gebäude, in denen sich Menschen gerne aufhalten, werden häufiger und länger genutzt – ein entscheidender Faktor in Zeiten hybrider Arbeitsmodelle.

Modernes Bürogebäude mit Wohlfühlcharakter
Symbolbild, Firefly KI

Nutzungsmischung statt Monofunktion

Wie weit dieses Denken gehen kann, zeigen Projekte in Skandinavien, bei denen Bürogebäude bewusst Funktionen der Stadt aufnehmen: öffentliche Zonen, soziale Treffpunkte, Sport- und Freizeitangebote oder kulturelle Nutzungen. Solche Konzepte erhöhen nicht nur die Aufenthaltsqualität, sondern verankern Immobilien stärker im städtischen Kontext – ein Aspekt, der auch für Akzeptanz und langfristige Relevanz eine Rolle spielt.

Ein bekanntes Beispiel sind die von PLH gestalteten Arbeitswelten für Maersk oder die gemeinsame Zentrale von AP Pension und Nykredit in Kopenhagen, bei denen Architektur, Arbeitsplatzstrategie und technologische Anforderungen integrativ gedacht wurden.

Übertragung auf den deutschen Markt

Mit Projekten wie WOODS München Oberhaching werden diese Ansätze erstmals konsequent auf den deutschen Markt übertragen. Holz als dominierender Baustoff, großzügige Tageslichtführung, flexible Grundrisse und eine enge Verbindung von Innen- und Außenraum schaffen Arbeitswelten, die sich deutlich vom klassischen Bürostandard abheben.

Neben der atmosphärischen Qualität spielt dabei auch der Nachhaltigkeitsaspekt eine zentrale Rolle. Holzbau reduziert CO₂-Emissionen deutlich gegenüber konventionellen Bauweisen und zahlt damit auf ESG-Kriterien ein, die für Investoren und Mieter gleichermaßen an Bedeutung gewinnen.

Die hohe Nachfrage nach den ersten realisierten Gebäuden zeigt: Solche Konzepte treffen einen Nerv – nicht trotz, sondern gerade wegen der veränderten Arbeitswelt.

Was das für Projektentwickler bedeutet

Für Projektentwickler, Investoren und Eigentümer von Büroimmobilien stellt sich damit weniger die Frage, ob sich Büro neu denken lässt, sondern wie schnell sie darauf reagieren. Gebäude, die ausschließlich auf Effizienz und Flächenausnutzung ausgelegt sind, laufen Gefahr, an Attraktivität zu verlieren – unabhängig von Lage und technischer Ausstattung.

Zukunftsfähige Büroimmobilien entstehen dort, wo Architektur, Nutzungskonzepte und Nachhaltigkeit zusammengedacht werden. Wer diesen Kulturwandel frühzeitig aufnimmt, erhöht nicht nur die Vermietungschancen, sondern sichert langfristig den Wert seiner Immobilien.

Headerbild: Adobe Stock free

Von Redaktion

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