Die Installation von Überwachungskameras an Wohnhäusern ist in Deutschland ein rechtlich sensibles Thema, besonders wenn diese Kameras über eine Schwenkfunktion verfügen. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) regeln die Nutzung solcher Kameras und setzen klare Grenzen, um die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen zu schützen.
Wichtige rechtliche Rahmenbedingungen
Die Überwachungskamera darf nur zur Wahrung berechtigter Interessen verwendet werden, beispielsweise zum Schutz des eigenen Eigentums. Dabei muss stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden, sodass die Überwachung nicht unverhältnismäßig in die Rechte anderer Personen eingreift. Dies bedeutet, dass die Kamera ausschließlich auf das eigene Grundstück gerichtet sein muss und nicht den öffentlichen Raum oder Nachbargrundstücke erfassen darf.
Personen, die in den überwachten Bereich gelangen, müssen über die Überwachung informiert werden, was durch gut sichtbare Hinweisschilder geschehen kann. Die aufgezeichneten Daten dürfen nur für einen begrenzten Zeitraum gespeichert werden und müssen vor unbefugtem Zugriff geschützt sein.
Problematische Schwenkfunktion
Besonders kritisch sind schwenkbare Kameras, da sie potenziell größere Bereiche erfassen können, einschließlich öffentlicher Räume und Nachbargrundstücke. Das Amtsgericht Gelnhausen hat in einem Urteil vom 4. März 2024 (Az. 52 C 76/24) entschieden, dass bereits das Vorhandensein eines elektronischen Schwenkmechanismus, der theoretisch auf ein Nachbargrundstück gerichtet werden kann, unzulässig ist. Die bloße Möglichkeit der Schwenkung kann bei Nachbarn ein Gefühl der ständigen Überwachung erzeugen, den sogenannten „Überwachungsdruck“.
In dem entschiedenen Fall hatte ein Grundstückseigentümer gegen seinen Nachbarn geklagt, weil dessen Kamera elektronisch auf sein Grundstück geschwenkt werden konnte. Das Gericht stellte klar, dass es nicht darauf ankommt, ob die Kamera tatsächlich Aufnahmen des Nachbargrundstücks gemacht hat. Allein die Existenz der Schwenkfunktion genügt, um einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend zu machen.
Konsequenzen und Empfehlungen
Eigentümer dürfen keine Überwachungskameras an ihren Häusern anbringen, die elektronisch auch auf das Nachbargrundstück gerichtet werden können. Um rechtliche Probleme zu vermeiden, sollten folgende Maßnahmen beachtet werden:
- Ausrichtung der Kamera: Sicherstellen, dass die Kamera nur das eigene Grundstück erfasst.
- Hinweisschilder: Gut sichtbare Hinweise auf die Überwachung anbringen.
- Datenschutz-Folgenabschätzung: Eine Analyse durchführen, um sicherzustellen, dass keine unverhältnismäßigen Eingriffe in die Rechte Dritter erfolgen.
Im Zweifelsfall ist es ratsam, rechtlichen Rat einzuholen oder sich mit dem Datenschutzbeauftragten des Bundeslandes in Verbindung zu setzen. In Deutschland überwachen mehrere Institutionen die rechtlichen und datenschutzrechtlichen Aspekte der Nutzung von Überwachungskameras. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) sowie die Landesdatenschutzbeauftragten stellen sicher, dass die Datenschutzgesetze eingehalten werden und bieten Beratung bei entsprechenden Fragen. Amtsgerichte sind für zivilrechtliche Streitigkeiten bezüglich der Installation und Nutzung von Überwachungskameras zuständig und treffen Entscheidungen über deren Zulässigkeit. Die Bundesnetzagentur überwacht die technische Einhaltung der Standards, besonders bei drahtloser Datenübertragung. Verbraucherzentralen bieten Unterstützung und Beratung bei Datenschutzfragen für Verbraucher. Zudem berät die Polizei zur korrekten Installation von Überwachungskameras, insbesondere zur Prävention von Straftaten. Fachanwälte für Datenschutzrecht oder Zivilrecht bieten umfassende rechtliche Beratung und Vertretung in diesen Angelegenheiten.
Fazit
Die Nutzung von Überwachungskameras an Häusern muss sorgfältig geplant und durchgeführt werden, um rechtliche und persönliche Konflikte zu vermeiden. Insbesondere schwenkbare Kameras bergen Risiken, die durch strikte Einhaltung der Datenschutzvorschriften und Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte der Nachbarn minimiert werden müssen.
Quelle: Artikel LTO
Pressemitteilung Landesgericht Hessen/Fall und Urteil